Fohlenalltag im ersten Lebensjahr

Ein junges Fohlen liegt auf der Koppel. Fohlen ABC, Fohlenerziehung

Die Fohlenerziehung

Die Fohlenerziehung ist ein sehr umstrittenes Thema. Es werfen sich ziemlich oft die selben Fragen auf:

  • Was ist richtig und was ist falsch? Was darf ich denn überhaupt mit den Babys machen?
  • Wie oft wird in der Woche „trainiert“?
  • Darf ein so junges Pferd überhaupt schon „trainiert“ werden?
  • Spazieren – ja oder nein?
  • Was mache ich wenn der Hufschmied oder der Tierarzt kommen muss?

Es gibt keine niedergeschriebene Anleitung, wie man die Babys zu erziehen hat oder was sie alles in ihrem ersten Fohlenjahr lernen müssen. Jeder Pferdezüchter- und Besitzer handhabt den Umgang mit Fohlen sicherlich anders und vertritt diesbezüglich auch eine andere Meinung.

Im folgenden Text möchte ich etwas genauer auf meine Erfahrungen im Umgang mit Fohlen eingehen. Ich möchte keinerlei Wertung abgeben und auch Niemanden vorschreiben, wie er seine Fohlen zu erziehen hat. Ich möchte lediglich darüber berichten, was ich meiner Meinung für eine harmonische Beziehung zwischen Mensch und Fohlen als wichtig erachte.

 

Wie wachsen Fohlen in einer Wildpferdeherde auf?

Unmittelbar nach der Geburt versuchen die kleinen Fohlen, aufzustehen. Noch etwas wackelig auf den Beinen suchen sie den Weg zum Euter der Mutter, um die wichtige und nährstoffreiche Erstmilch (Bistmilch, Colostrum) zu trinken. Im Schutz der Herde nehmen sie ersten Kontakt mit anderen Mitgliederen des Herdenverbandes auf. Freudschaften mit gleichaltrigen Fohlen halten oft ein Leben lang.

Bei Wind, Regen, Sturm und praller Sonne muss das Fohlen stehts bei Fuß immer mit der Mutterstute marschieren, weshalb es viel Kraft und Energie tanken muss. Es trinkt zwar immer noch die Milch der Mutter, doch je älter es wird, desto mehr muss sich das Fohlen sein Futter selber suchen. Gerade vor der Wintezeit schnabbern sie leckere Gräser, Moose und Hölzer, um sich so gut wie möglich auf den Winter vorzubereiten.

Den Kontakt zu Menschen und den damit verbundenen Luxus kennen Fohlen in freier Wildbahn nicht. Sie sind auf sich alleine gestellt und müssen schnell lernen, für sich selbst zu sorgen, um zu überleben.

 

Wie sieht es nun aber in der Realität aus?

Oft hört man davon, dass viele Pferde- und Fohlenbesitzer die kleinen Schützlinge mit gleichaltrigen Spielkameraden auf eine Wiese stellen, damit sie ihr Babyleben ohne Einfluss des Menschen leben können. Sie leben zwar mit Artgenossen in einem festen Herdenverband und haben allles, was sie brauchen, doch richtig beschäfftigt wird sich mit den Fohlen erst, wenn es an das Thema anreiten und ausbilden geht. So stehen die jungen Pferde die ersten zwei, drei Jahre „einfach so herum“.

Doch spätestens wenn der Tierarzt zum Impfen oder der Hufschmied zum Hüfchen bearbeiten kommt, ist es angebracht, dass die Fohlen einen stressfreien und vertrauensvollen Umgang mit Menschen gewohnt sind. Dabei gilt es, das Fohlen möglichst artgerecht an die Nähe des Menschen zu gewöhnen.

 

Die ersten Versuche, Kontakt mit dem Fohlen aufzunehmen

Die Gewöhnungsphase an das Fohlen beginnt bereits in den Tagen unmittelbar nach der Geburt. Nachdem man das Vertrauen der Mutter gewonnen hat und ihr deutlich gemacht hat, dass der Mensch kein „Eindringling“ ist und dem Fohlen nichts Böses tut, kann man sich nun auch dem kleinen Schützling etwas nähern. Pferde sind von Natur aus sehr neugierig und erkunden ihre Umgebung sehr genau. Sie kommen heran, um zu schnüffeln und suchen von sich aus den Kontakt. Das Fohlen kann den Menschen abschnüffeln, gegebenenfalls kann man es auch schon sachte berühren und sanft streicheln. Bei sehr ängstlichen Fohlen reicht am Anfang alleine die Gegenwart des Menschen. Keinesfalls darf mit Druck gearbeitet oder dem Fohlen gar Angst gemacht werden. Je nachdem, wie es die Mutter zulässt, kann man das Fohlen streicheln und zu diesem Vertrauen aufbauen.

Wurde das Fohlen beispielsweise in Wintermonaten oder in von Bodenfrost geprägten Frühjahrsmonaten geboren, kann für das Fohlens wichtig sein, dass ihm eine Decke angelegt wird, um es vor Kälte, Frost und Nässe zu schützen. So ist es wichtig, das Vertrauen zum Fohlen zu gewinnen. Bei der bekannten Streichelroutine kann man die Decke bei sich tragen und sie dem Fohlen zeigen. Mutige Fohlen stupsen daran oder versuchen daran zu knabbern. Die Routine gewöhnt es sehr schnell an das raschelnde Ding.

 

Wie viel kann man mit Fohlen machen?

„Fohlen sind Babys und sollten ihr Leben auch dementsprechend leben dürfen!“ Doch gerade beim Thema Hufschmied, Tierarzt, Mutti und Baby von A nach B bringen, Klinikaufenthalte und Co ist der Umgang mit uns Menschen unumgänglich. Umso wichtiger finde ich, ist es, die kleinen Schützlinge bereits im ersten Fohlenjahr an grundlegende Erziehungsmaßnahmen wie aufhalftern, sich anfassen lassen und führen zu gewöhnen.

 

Meine Basics der Fohlenerziehung im ersten Fohlenjahr

  1. Das Fohlen lässt sich überall am kompletten Körper anfassen, sodass auch das Auflegen einer Decke kein Problem ist.
  2. Es lässt sich problemlos das Halfter anlegen.
  3. Das Fohlen lässt sich anfangs problemlos neben der Mutter führen. Später, je nach Entwicklungsstand und Lernwilligkeit, dann auch alleine.
  4. Das Fohlen wird daran gewöhnt, die Hufe zu geben. So können die Hüfchen ausgekratzt und später auch vom Hufschmied- oder Bearbeiter ausgeschnitten und behandelt werden.
  5. Manche Fohlen sind sehr wenig pigmentiert und neigen zu Sonnenbrand. Besonders helle Pferde mit rosa Hautstellen sind davon betroffen. Sonnencreme und andere Arzneimittel sollte man in diesen Fällen problemlos auftragen können. Gegebenenfalls kann man Pferde, die sehr stark von Sonnenbrand geplagt werden, bereits im Fohlenalter an eine Fliegen- und UV-Schutz-Maske gewöhnen.

 

Wie oft und wie lange übe ich mit den Fohlen?

Es gibt keine direkten Vorschriften, wie oft man in der Woche oder im Monat trainieren sollte oder darf. Jeder Pferdezüchter- und Besitzer muss sich darüber selbst im Klaren sein und für sich selbst entscheiden, wie relevant die Erziehung erforderlich ist. Wenn es auf Zuchtschauen vorgestellt werden soll, ist es wichtig, das Fohlen ans Hänger fahren, ans Führen, Putzen, Einflechten und Ähnliches zu gewöhnen.

Ich selber beschäftige mich etwa 3 mal in der Woche intensiver mit den Fohlen. Je nach Wetterlage kann dies variieren. Mit „Beschäftigung“ meine ich nicht „Zwei Stunden straff trainieren“. Vielmehr geht es mir darum, dass sich die Fohlen an mich gewöhnen und lernen, mir zu vertrauen.

 

Beschäftigungsmöglichkeiten und Abwechslung im Fohlenalltag

Ab einem Alter von etwa 6/7 Monaten kann man neben den Basics den Fohlen auch andere Beschäftigungs- und Abwechslungsmöglichkeiten bieten. Neben der Erkundung der Anlage, erste Bekanntschaften mit Wasser und gruseligen Pfützen und dem Putzen am regulären Putzplatz kann man den kleinen Schützlingen auf spielerische Weise viele weitere Dinge zeigen, bei denen gleichzeitig die Beziehung zum Menschen gefestigt und gestärkt wird. Ich fasse es sehr gerne unter dem Name „Fohlenkindergarten“ zusammen. Dazu zähle ich unter anderem:

  • das Erkunden von Stangen
  • über Planen laufen
  • mit großen Gymnastibällen spielen
  • Bekanntschaft mit Pylonen und Schaumstoffgassen machen
  • unter Flatterband hindurch gehen
  • sich am Podest ausprobieren
  • Kinderspielsachen, wie z.B. Hüpftiere und Co erkunden
  • Regenschirme erforschen

WICHTIG! Ich erzwinge NIE etwas! Ich biete den Fohlen unterschiedliche Dinge an und beobachte ihre Reaktion. Je nachdem, wie sie reagieren beschäftige ich mich mit den Kleinen. Wenn sie von sich aus Interessen daran zeigen, ist es vollkommen o.k. Von meiner Seite aus wird kein Zwang oder Druck diesbezüglich ausgeübt. Ich nutze lediglich das Interesse, dass sie mir anbieten. Von Fohlen zu Fohlen können die Interessen unterschiedlich sein. Manche Pferde brauchen einfach mehr Zeit für sich und Andere sind offener für Neues.

 

Belohnung?

Am Ende der Beschäftigung mit den Fohlen bedanke ich mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit, die sie mir geschenkt haben. Dabei ist es mir wichtig, die Fohlen von Anfang an nicht an das Lob mit Futter oder Leckerlis zu gewöhnen. Ich lobe sie stattdessen in Form von Streichel- und Kuscheleinheiten oder mit einem beruhigenden Stimmenkommando. Leckerlis, Apfel- und Möhrenstückchen und andere Leckereine bringen immer die Gefahr, dass die Babys danach schnappen und beißen. Schnell lernen sie, bestimmtes Benehmen zu zeigen, nur um ein Leckerli zu bekommen. In meinen Auge ist das nicht Sinn und Zweck der Erziehung.

 

Außenreitplatz vs. Halle und Roundpen

Für die Arbeit mit den Fohlen suche ich mir immer eine ausbruchsichere Umgebung. Wenn ich die Babys frei laufen lasse, tue ich dies ausschließlich in der Reithalle. Optional bietet sich auch ein  Roundpen sehr gut dafür an. Sie sind vor Wind, Regen, Unwetter und Sonne geschützt. Fals das Tier erschrickt und sich losreißt, kommt es nicht sehr weit, da die Halle und das Roundpen keine offenen Tore zum ausbrechen besitzen.

Auf dem Außenreitplatz ist die Arbeit mit den Fohlen deutlich schwieriger, da sie von unterschiedlichen Reizen aus der Umgebung abgelenkt werden. Dazu gehören beispielsweise:

  • Witterungsbedingungen wie Wind, Regen, Schnee, Sonne
  • spielende Artgenossen auf der Koppel oder dem Paddock (vom Reitplatz aus sichtbar)
  • das Wiehern anderer Pferde
  • umherlaufende und arbeitende Menschen
  • Traktoren und andere landwirtschaftliche Geräte
  • die Mutterstute (sichtbar für das Fohlen)
  • Katzen, Hunde und andere Kleintiere

Oftmals bestehen die Begrenzungen des Außenreitplatzes aus Holz- oder Kunststofflatten. Frei laufende Fohlen können viele Dinge wie ihr eigenes Tempo, Abstände zu Gegenständen und Ähnliches noch nicht so gut einschätzen. Damit ist nicht auszuschließen, dass die Fohlen versuchen, unter den Latten durchzukrabbeln oder darüber zu springen (je nach Höhe der Begrenzungen). Die Sicherheit des Fohlens ist deutlich weniger gewährleistet als in der Reithalle oder dem Roundpen.

 

Fazit

Die Gewöhnung der Fohlen an den Menschen ist in unserer heutigen Pferdewelt unumgänglich. Spätestens beim Tierarzt- und Hufschmiedbesuch lernt es den Menschen kennen. Ob und in wie weit sich jeder mit seinen Fohlen beschäftigt, ist von Besitzer/Züchter zu Besitzer/Züchter unterschiedlich. In meinen Augen ist ein kleines Fohlen-ABC sinnvoll. Trotzdem dürfen sie ihr Leben als heranwachsende Babys in vollen Zügen genießen und ausleben.

 

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