Ist mein Pferd zu dick?

Ist mein Pferd zu dick? Übergewicht beim Pferd

Ist mein Pferd zu dick?

Ein Leckerli hier, ein Leckerli da – Wer kennt das nicht… Nur zu gerne wird der liebste Vierbeiner mit den verschiedensten Leckereien, wie z.B. saftige Möhren, knackige Äpfel, süße Bananen, Hafer, Müsli, Luzerne und vieles mehr verwöhnt. Das Pferd wird es dankbar annehmen,  zu jeder Tages- und Nachtzeit. Warum auch nicht – es schmeckt doch sooo gut.

Wir neigen dazu, unsere Pferde nicht mehr wie Pferde, sondern wie Menschen zu behandeln. Damit die Pferde nicht vom Fleisch fallen, bekommen sie lieber eine Schippe Futter mehr, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wieso überhaupt. Dabei vergessen wir, dass Pferde in freier Wildbahn ohne den ganzen Luxus, den wir unseren Pferden bieten, auch glücklich sind und vielleicht mit ganz anderen Problemen zu tun haben, als die Frage, ob mein Pferd Übergewicht hat. Ein gesundes Wildpferd wird im Vergleich zu den bei uns Menschen gehaltenen Pferden kaum an Überewicht leiden bzw. wird es viel weniger anfällig dafür sein, überflüssige Fettdepots anzulegen, weil es sich etwa 16 Stunden am Tag grasend fortbewegt und steppenähnliche Gräser knabbert.

Es gibt eine Reihe an Fragen, die einher gehen mit dem Thema „Übergewicht“ beim Pferd. Hat mein Pferd einen aufgeblähten Bauch? Hat es in der kalten Jahreszeit massiv viel Winterfell? Ist mein Pferd eine Stute, die bereits ein Fohlen hatte? Ist mein Pferd ein Kaltblut mit stämmigen Körperbau? Dies sind ein paar ausgewählte Fragen, bei denen ein unerfahrener Betrachter schnell dazu neigen könnte, zu sagen, „Das Pferd ist dick!“ Oftmals stimmt sogar auch das Klischee-Bild „Zu viel füttern und zu wenig Bewegung machen mein Pferd fett.“

Sportliche Figur oder doch eher dürre? Gut genährt oder doch vielleicht fettgefütter? Hier scheiden sich bei vielen Pferdeliebhabern oft die Geister.

 

5 Facts, die du zum Thema „Übergewicht bei Pferden“ wissen solltest

Fact 1:

Im Vergleich zu Wildpferden und zu Pferden, die in Lauf- und Offenstallhaltung leben, werden viele unserer „Hauspferde“ in Boxen gehalten. Sie kommen halbtags oder viele sogar nur stundenweise nach draußen auf die Koppel oder auf das Paddock. Damit stehen sie den Großteil des Tages in ihrer Box. Wildpferde hingegen bewegen sich 24 Stunden, davon mindestens 16 Stunden aktiv auf der Suche nach Futter. Daher kommt auch die Bezeichnung, dass Pferde „Lauftiere“ sind. Es ist nicht besonders förderlich, wenn Pferde sehr lange in Boxen stehen, da ihnen so sehr viel Bewegung fehlt und das „Mal eben kurz longieren oder reiten“ nicht mehr ausreicht.

Fact 2:

Wildpferde leben meist in steppenartigen Regionen, in denen hauptsächlich nährstoffärmere Gräser vorkommen. Dadurch sind sie ständig auf der Suche nach neuen Stellen zum Grasen und legen dabei u.a. Wege von 20 bis 60 km zurück. Unsere „Hauspferde“ kommen im besten Fall auf eine saftige Wiese mit vielen Kräutern und energiereichen Gräsern. Das Pferd muss nicht viel laufen, um neue Stellen zum Grasen zu finden, da überall schmackhaftes Gras wächst. Ohne Limit stopfen sich die Vierbeiner bis oben hin mit den energiereichen Gräsern voll. In Verbindung mit zu wenig Bewegung kann dies sehr schnell dazu führen, dass sich Fettdepots anlagern, da das Pferd einfach zu viel energiereiches Gras frisst und sich im Verhältnis dazu einfach viel zu wenig bewegt.

Fact 3:

Es gibt einige Rassen, die ganz besonders anfällig für Übergewicht sind, da diese nicht für den Hochleistungssport gemacht sind und eher ein ruhiges Gemüt haben. Dazu zählen u.a. Haflinger, Freiberger, Kaltblüter, Isländer und Shetlandponys. Sie nehmen große Energiemengen zu sich und können diese nicht annähernd verarbeiten, da sie sich meistens zu wenig bewegen oder nur hin und wieder im Trainig stehen.

Fact 4:

Kraftfutter sollte man mit Verstand füttern und nicht einfach mal so für zwischendurch und mal hier und mal da… Wie der Name es schon sagt, es handelt sich um „Kraft“-futter. Im Normalfall frisst das Pferd große Mengen an Raufutter, wie Heu oder Stroh, bestmöglich über den ganzen Tag verteilt. Wird das Pferd nun mehrmals in der Woche intensiver trainiert, wird es auf ein Turnier vorbereitet oder hat es einfach einen hohen Bewegungsanteil, verbunden mit großen körperlichen Anstrengungen, kann auch Kraftfutter zugefüttert werden. Das Gleiche gilt für tragende Stuten, deren Energiebedarf sowieso höher ist und auch ältere Pferde, kranke Pferde oder Pferde, die es allgemein aufzupeppeln gilt. Man muss darauf achten, dass das Maß an Kraftfutter auch wirklich dem Energiebedarf des Pferdes entspricht. Denn häufig wird mehr gefüttert, als was das Pferd eigentlich verwerten kann. In diesem Fall wird das Pferd ebenso schnell dick. Ein erstes Anzeichen für eine Überfütterung mit Kraftfutter ist, wenn das Tier große Mengen des Kraftfutters im Trog übrig lässt. Häufig will es uns damit weniger sagen, dass es ihm nicht schmeckt, sonder vielmehr, dass es einfach satt ist.

Fact 5:

Um das Körpergewicht des eigenen Pferdes besser beurteilen und einschätzen zu können, gibt es den BCS, auch Body Condition Score genannt. Anhand dieser Richtwerte betrachtet man verschiedene Körperbereiche des Pferdes, so auch den Hals, die Brust, den Rücken, das Becken und den Schweifansatz. Anhand dessen, wie stark Muskelpartien sichtbar und erfühlbar sind, Knochen hervorstehen, bestimmte Formen (nicht) zu sehen sind oder bereits Fettanlagerungen deutlich erkennbar sind, vergiebt man Punkte, die das Pferd als dürre, dünn, gute Figur, dick oder fett einschätzen. Im Bestfall wird das Pferd mit 5 bewertet. Alles was darüber liegt, deutet an, dass das Pferd ein wenig oder viel zu dick ist.

 

Gesundheitliche Folgen bei langanhaltenden Übergewicht

Wenn Pferde mal über kurze Zeit ein etwas dickeren Bauch haben oder aufgrund einer längeren Reitpause etwas zugenommen haben, ist dies noch in Ordnung. Kritisch wird es erst, wenn Übergewicht beim Pferd zum Dauerzustand wird und die Fettdepots auch deutlich sichtbar sind. Denn jedes einzelne Kilogramm zuviel, muss das Pferd tag täglich mit sich herumschleppen. Herz, Lunge und auch andere Organe können verfetten und es kann zu langwierigen Schäden kommen. Das gesamte Atmungs- und Kreislaufsystem wird durch die erhöhten Fettwerte größeren Belastungen ausgesetzt. Nicht selten leiden übergewichtige Pferde auch an Leber- und Nierenerkrankungen. Die Leber ist im Normalfall für den Abbau überschüssiger Proteine zuständig. Wird diese jedoch durch massiv große Mengen an Futter (und damit auch an Proteinen) überlastet, so kann sie sehr schnell erkranken. Das gleiche gilt auch für die Niere. Eine weitere „Alltagskrankheit“ bei Pferden ist die Hufrehe. Ein akuter Reheschub ist in den meisten Fällen das Resultat einer zeitweise unkontrollierten Fütterung, so z.B. im Frühjahr, wenn angeweidet wird und die grasverrückten Pferde wie wild einen Halm nach den anderen fressen. Eine chronische Hufrehe resultiert jedoch in den meisten Fällen aus einer langwierigen Entgleisung des Futtermanagements und ist damit die Erscheinung einer Stoffwechselstörung, die einherr geht mit der Fütterung. Energie- und Zuckerstoffwechsel werden bei übergewichtigen Pferden sehr stark beansprucht und könne über einen längeren Zeitraum erkranken. Neben diesen krankhaften Erscheinungen wirken zu dicke Pferde häufig erschlafft, erschöpft, träge und müde, denn es liegt auch eine erhöhte Belastbarkeit auf den Gliedmaßen, Gelenken, Hufen sowie den Organen. Hinzu kommt, dass solche Pferde in den meisten Fällen Probleme haben, ihre Körpertemperatur zu regulieren. Jungpferde könne sehr schnell an orthopädischen Problemen leiden, da sich ihre Knochen und Gelenke noch im Wachstum befinden und damit eine Überfettung ziemlich kontraproduktiv ist.

 

Gesund abnehmen ohne Jojo-Effekt! So kommt dein Pferd wieder auf Normalgewicht.

Ganz wichtig ist, dass du KEINEN radikalen Ernährungs-Crash druchziehst, denn das kann schädlich fürs Pferd sein und sogar das Gegenteil erzielen. Pferde sind Gewohnheitstiere. Stellt man von heute auf morgen die Ernährung einmal auf den Kopf, so wird der gesamte Stoffwechsel des Pferdes aus dem Gleichgewicht geworfen. Deshalb muss mit viel Verstand und gegebenenfalls unter professioneller Unterstützung von Tierräzten oder Ernährungsspezialisten eine Diät durchgeführt werden.

 

10 Tipps für einen gesunden Abnehmeffekt

  1. Als erstes musst du die Ursachenquelle für das Übergewicht deines Pferdes ermitteln. Mangelnde Bewegung? Zu üppige Fütterung? Oder liegt vielleicht auch eine Erkrankung (Cushing Syndrom, Stoffwechselerkrankungen oder Ähnliches) vor?
  2. Ermittle, wie viel Übergewicht dein Pferd tatsächlich hat. Dies geht am besten, wenn man das Pferd auf einer mobilen Pferdewaage wiegen lässt oder ggf. einen Termin bei einer mobilen Waage vereinbart, die dann in den Stall zum Wiegen kommt. Mindestens einmal im Jahr soll ein Pferd gewogen werden, um das Körpergewicht im Blick zu behalten. Bei besonders extremen Fällen kann man sein Pferd auch halbjährlich wiegen.
  3. Das Pferd muss den ganzen Tag ein Angebot an Raufutter verfügen. In kleinmaschigen Raufensystemen oder Netzen kann es den Tieren angeboten werden, damit sie nicht zu schnell schlingen und die Raufasern genügend kauen. Das erleichtert die Aufnahme der Fasern in den Stoffwechselkreislauf.
  4. Übergewichtige Pferde sollten, wenn es die Gegebenheiten hergeben, vorzugsweise auf einer etwas magereren Wiese stehen, damit sie nicht das extrem saftige und zu energiereiche Gras fressen. Denn magerere Wiesen bieten strukturreicheres und energieärmeres Gras, welches für eine gesunde Diät optimaler ist.
  5. Eine andere Möglichkeit ist, dem Pferd stundenweise einen Fresskorb beim täglichen Weidegang anzulegen. Dadurch frisst es nicht so schnell und auch nur kleinere Mengen. Beachte aber, dass ein Maul-/Fresskorb nicht für den Dauergebrauch vorgesehen ist. Nur für den Gang auf die Koppel darf er angelegt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich das Pferd an Schnallen, etc. verletzt oder in den Gitterstäben der Boxen hängen bleibt.
  6. Eine dritte Möglichkeit ist zudem, das Pferd anstelle auf die Koppel, stundenweise auf ein Paddock zu stellen.
  7. Die Kraftfutterfütterung muss auf eine Diät angepasst werden. Hafer, Mais und Gerste sind große Energiestofflieferanten und müssen aus diesem Grund minimiert werden. Überflüssige Müsliportionen kannst du ggf. weglassen. Leckerlis für Zwischendurch sind die Ausnahme. Leckereien wie z.B. Möhren, Äpfel und Bananen enthalten sehr viel Fruchtzucker. Sie tragen einerseits zu Zahnproblemen wie Zahnstein oder Karies bei. Anderenseits sind es nicht zu unterschätzende Zuckerlieferanten für den Körper und tragen in großen Mengen zum Übergewicht bei. Man glaubt es kaum, doch Zuckerkrankheiten wie z.B. Diabetes gibt es nicht nur beim Menschen, sonderen auch beim Pferd. Also während einer Diät ein paar Leckereien weglassen. Umso mehr freut sich das Pferd, wenn es einen Apfel oder ein Möhrchen als besondere Belohnung bekommt.
  8. Das Pferd muss genügend und vor allem auch ausdauernd trainiert werden. Dies kann in Form von Reiten oder auch Longieren geschehen. Baue dabei immer wieder länger andauernde Trabphasen ein,  bis das Pferd genügend Kondition entwickelt hat, um auch längere Galoppphasen problemlos zu meistern.
  9. Gehe zur Abwechlung auch ins Gelände. Viel bergauf und bergab fördert die Gleichgewichts- und Koordinationschulung. Zeitgleich sind solche Ausritte auch ein sehr effektives Training, um die Po-Muskulatur zu kräftigen. Um so einen Effekt zu erreichen, darf das Pferd nicht einfach vor sich hintrotten, sondern es muss einen schönen, gleichmäßigen und zügigen Schritt laufen. Lange Trabstrecken, Baumstämme, und Galopppassagen auf unterschiedlichem Untergrund bieten eine große Vielfalt.
  10. Lassen sie ihr Pferd bei massivem Übergewicht regelmäßig vom Tierarzt kontrollieren um trotz einer Diät den Gesundheitszustand des Pferdes zu sichern.

 

Ein gesundes und glückliches Pferd sollte weder zu dünn, noch zu dick sein. Ein gesundes Zwischenmaß und Gleichgewicht zw. optimaler Fütterung und ausreichender Bewegung sind dafür von großer Bedeutung.

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